Vor fünfzig
Jahren war Karl Max Schneider der bekannteste Zoodirektor der DDR, beliebt
bei Groß und Klein, eine wissenschaftliche Kapazität und Leipziger
Institution, Nationalpreisträger, Vizepräsident des Internationalen
Zoodirektorenverbands, und das als Deutscher wenige Jahre nach dem Krieg.
Als Leiter einer Kommission beim Ministerium für Kultur förderte
er die Entwicklung der Tiergärten in ganz Ostdeutschland.
Das alles wurde dem Sohn eines kleinen Kaufmanns nicht in die Wiege gelegt.
Karl Max Schneider kam am 13. März 1887 in Callnberg, einem heutigen
Ortsteil von Lichtenstein, zur Welt. Schneider hatte sechs Geschwister, die
er alle überlebte. Bis 1901 besuchte er die Volksschule in Callnberg
und wurde dann von seinen Eltern auf das Fürstlich-Schönburgische
Lehrerseminar zu Waldenburg geschickt. Anderthalb Jahre lang unterrichtete
er tatsächlich als Hilfslehrer in Meerane. Im April 1910 aber
immatrikulierte er sich im Fach Pädagogik an der Leipziger
Universität. Pädagogik, Volksbildung, wissenschaftliche
Aufklärung der Jugend blieb Schneiders Anliegen ein Leben lang.
Die umfassenden Interessen des Studenten zeigen sich im Gang der Ausbildung.
Ab 1912 belegte er Philosophie und stellte im Dezember 1913 seine Doktorarbeit
fertig: "Die erkenntnistheoretischen Grundlagen in Rickerts Lehre von der
Transzendenz. Zoologischen Unterricht erhielt er unter anderem bei
dem Tiefseeforscher Chun.
Ab August 1914 nahm Karl Max Schneider als Soldat am ersten Weltkrieg teil.
Im Oktober 1915 ereilte ihn eine schwere Verwundung, die zur Beinamputation
führte. Er war damals gerade 28 Jahre alt.
Aufgrund der Kriegswirren wurde Schneider erst im Juni 1918 promoviert. "Seine
starke philosophische Durchbildung ist ihm nie als Umweg zu seinem späteren
Berufe erschienen, schrieb Heinrich Dathe in einem Nachruf auf seinen
Lehrer, "nein, im Gegenteil, er war sogar der Meinung, dass jeder Student
nicht nur in Philosophie unterrichtet, sondern sogar geprüft werden
müsste.
Nach dem Krieg gewannen die naturwissenschaftlichen Interessen die Oberhand.
Schneider wechselte als Assistent zum renommierten Zoologischen Institut
der Universität Frankfurt am Main. 1919 kehrte er nach Leipzig zurück
und wurde Volontärassistent am Psychologischen Institut. Mit Studien
zur Tierseele und zur Rückwirkung von Tieren auf die menschliche Umgebung
befasste er sich auch später immer wieder. In das Jahr 1920 datiert
der Arbeitsbeginn Karl Max Schneiders als Assistent des Leipziger Zoodirektors
Johannes Gebbing. 1934 folgte er Gebbing im Amte.
Schneider wurde der dritte Direktor des Zoos, den der Gastwirt Ernst Pinkert
am Pfingstsonntag 1878 auf der Schafwiese am Fettviehhof, wo Pleiße
und Parthe zusammenfließen, eröffnet hatte. Schon seit Beginn
des Studiums in Leipzig war Schneider dem Zoo verbunden. Ab 1913 berichtete
er für die "Leipziger Volkszeitung regelmäßig über
den Garten. Seit den zwanziger Jahren erschienen seine wissenschaftlichen
Publikationen, in denen er sich häufig mit der Leipziger Löwenzucht
befasste. Die "Löwenfabrik war schon damals weltberühmt.
Zu Schneiders bleibenden Verdiensten zählt es, ihren Ruhm erhalten und
vermehrt zu haben. Im ersten Jahr von Schneiders Direktorat, am 19. Februar
1936, kam der tausendste Leipziger Löwe zur Welt. Der Zoo exportierte
Großkatzen selbst nach Afrika. |