Zoo-AG



Anmerkungen


Dies ist eine Archivseite mit dem inhaltlichen Stand von 2004 und wird nicht aktualisiert. Sie zeigt den damaligen Stand der Zoos und bleibt als historisches Dokument online.

Exkursions-Bericht



Aquarium im Museum Mensch & Natur Oldenburg
28. August 2004



Am 28. und 29. 8. 2004 führte eine Wochenend-Exkursion einige Mitglieder der Zoo-AG Bielefeld nach Norden zum Besuch des neu eröffneten Zoo am Meer Bremerhaven, der ebenfalls erneuerten Aquarien in Oldenburg und Wilhelmshaven, dem Vida-Mini-Zoo in Huchting und einem erneuten Besuch im Zoo Jaderberg.



Im Naturkunde-Museum in Oldenburg gab es schon seit Jahrzehnten eine kleine Aquarienanlage, eingebunden in den Themenbereich Norddeutsche Küstenlandschaft.
Im Jahre 2002 wurde das Museum nach langem Umbau mit dem neumodisch-nichtssagenden Namen “Mensch und Natur” wieder eröffnet, und natürlich waren wir gespannt, wie die neue Anlage mit “modernster, aufwändiger Aquariumstechnik” (Zeitungsartikel) aussieht.

Gleich vorweg: Das gesamte Museum war eine einzige Enttäuschung.




Das Aquarium findet sich nach einiger Suche nun im Keller, abgetrennt von den übrigen Ausstellungen und ohne thematische Bezüge, und nur über die enge Treppe zu den Toiletten zu erreichen. Es sind 15 recht kleine Becken (weniger als früher), davon das erste mit Moderlieschen schon vor den WCs. Der eigentliche Aquarienraum - das Foto zeigt ihn fast komplett mit drei der größten Becken - soll entlang der Wand den Flußlauf der Hunte darstellen. Leider ist das nur schwer nachzuvollziehen, zumal die Tiere hinter dem menschlichen Einfluß zurücktreten: Das Becken “Fischzucht bei Osnabrück” ist mit zwei Gummistiefeln ausgestattet, die meisten anderen Becken sind noch leerer.
Die Beschilderung läßt ebenfalls zu wünschen übrig: Die Tierschilder sind SW-Kopien nur mit dem Artnamen, dazu kommen auf einigen wenigen Leuchttafeln meist nur ein oder zwei Sätze, die kaum etwas über die Natur berichten. Komplette Leseprobe zum Thema “von Hunteburg zum Dümmer”:  "40.000 Angler sind in Vereinen organisiert – ein beliebter Fisch ist der Flußbarsch". Keinerlei Infos erhält man zum Fluß, dem Ökosystem und der umgebenden Landschaft selbst.





Neben der ermüdenden Anordnung gleichartiger Becken hintereinander wurden noch weitere alte Fehler wiederholt, so die Anordnung kleiner Becken in Reihen übereinander. Besonders enttäuschend sind die Meeresbecken, in denen meist trübes Wasser schwappt und deren Bewohner häufig nicht der Beschilderung entsprechen. Hier hatten viele Wirbellose auch nicht lange überlebt: Tote Miesmuscheln und Seesterne waren häufig zu sehen, wenngleich noch beschildert. Das einzige Schriftliche zum Aquarium paßt sich in die Reihe der Enttäuschungen nahtlos ein: Ein primitives Ausmalbuch für Kinder, wenig didaktisch und nichts über das Aquarium selbst darin.
Langweilig ist noch die harmloseste Beschrebnung; wir waren nach 10 Min. mit dem Rundgang fertig. Das Konzept für das neue Aquarium hat offenbar ein Museums-Gestalter entwickelt, der keinerlei Hintergrundwissen über heutige Aquarien besitzt.




Aquarienraum




Moorleichen-Torfblock


Schnell noch ein paar Worte zu den übrigen Ausstellungen, die unter übertriebener Museums-Kreativität leiden, aber wenig Nährwert bieten. Da ist der hochgelobte Bereich Vorgeschichte, der die berühmten Moorleichen nun in einem bis unter die Decke reichenden Torf-Block präsentiert. Keine schlechte Idee, nur bleibt es dabei; an Informationen mangelt es. Selbst in und neben  den Vitrinen fehlen Tafeln - allenfalls wurden Schriften direkt auf das Glas gedruckt, die man vor dem unruhigen Hintergrund kaum entziffern kann.  

Dann gibt es ein nachgebautes Großsteingrab, weiß getüncht, und ebenso wie die dahinter gestapelten Bodenprofile ohne weitere Erklärung. Wer nicht ohne ein gewissen Vorwissen kommt, kann weite Teile der Ausstellung nur als buntes Kaleidoskop aufdringlich künstlerisch inszenierter, aber wenig wissenschaftlich interpretierter  Objekte an sich vorbeiziehen lassen.

Hinzu kommen basale Fehler, wie z. B. nicht entspiegelte Glasvitrinen gegenüber von hellen Fensterfronten aufzustellen. Zu sehen ist von den Tierpräparaten wie Wisent und Rentier folglich nicht mehr viel, aber halb so schlimm: für Dioramen hat es eh nicht gereicht, und auch hier mangelt es an Erläuterungen. Vielleicht würden die zahlreichen interaktive Bildschirme weiterhelfen, doch bei unseren Besuch waren sie fast alle  defekt (aus, oder abgestürzt mit blauer DOS-Fehlermeldung...).

Die Säle wirken kalt, aufgeräumt und leer - kein Wunder, lagert doch der größte Teil der früher gezeigten Exponate im Archiv. Die Abteilung Küstenbiologie ist ganz verschollen, auch die historische Herzogliche Tierpräparatesammlung kann nicht mehr bewundert werden. Die Edelstein-Sammlung in einem weiteren Keller ist nicht für Behinderte erreichbar.














Riesenalk


Da muß man sich eigentlich nicht wundern, daß es wegen finanzieller Schwierigkeiten Pläne gibt, die Sammlungen zu veräußern, wenn die Öffentlichkeit sie ohnehin nicht mehr zu sehen bekommt. Die Museumsleitung wehrt sich dagegen mit der aktuellen Sonderausstellung  "Kostbarkeiten oder Krempel – Museumsobjekte zwischen Wirtschaftskrise und Museumsethik", schießt damit aber ein weiteres Eigentor: Unter ständig flackernden Neonlampen findet man eine lieblose Aneinanderreihung eigentlich großartiger Kostbarkeiten wie einem der wenigen Riesenalk-Präparate weltweit. Schlimm genug, daß dieses keinen Ehrenplatz in einer Dauerausstellung erhalten hat. Die spartanische Erläuterung dazu besagt, hier im Museum würden “seltene und ausgestorbene Vögel wieder aufbereitet wie Riesenalk, Kampfläufer und Blauracke", und allein diese krude Zusammenstellung läßt tief blicken, wie ernst es dem Museum noch mit einer zoologisch fundierten Information der Besucher ist.




Fazit: Nach dem millionenschweren Umbau kostet das Museum nun Eintritt, bietet minimale Information und kann kaum noch seine eigenen wertvollenSammlungen erhalten. Eine klassische Fehlleistung Marke “Thema verfehlt” von überkandidelten Museumsgestaltern und größenwahnsinnigen Stadtvätern, die sich weder um die wissenschaftliche Sammlung noch um die Bedürfnisse und Erwartungen der Besucher scheren? Ein Naturkundemuseum ist es jedenfalls kaum noch - und will vielleicht auch gar keines mehr sein. Gerade wenn man das frühere Museum kennt, begreift man nicht, was das Ganze denn eigentlich soll.



Zoo-Infos.de: Aquarium Museum Oldenburg




Weiter ging unsere Tour nach Jaderberg.




Erstellt am 30. 12. 2004




Anmerkung: Die Darstellungen und Meinungen im Bericht auf dieser Seite geben nicht zwingend die aller Zoo-AG-Mitglieder wieder.





© 2004 Fotos & Text: Dirk Petzold - zur  Zoo-AG Homepage logoeule Zoodatenbank zoo-infos.de